Lobbypuppe der Tötungsindustrie – eine Beleidigung?

Das System Strack-Zimmermann (Teil 2)

Agnes Strack-Zimmermann (FDP) erstattet monatlich nicht nur hunderte Strafanzeigen, sondern verklagt ihre Kritiker zusätzlich auf Schmerzensgeld. Zu diesem Zweck hat der Rechtsanwalt Alexander Brockmeier (ebenfalls FDP) aus Rheine eine Firma gegründet, die angebliche Beleidigungen für Strack-Zimmermann recherchiert.

Brockmeier schickt dann die gesammelten „Beleidigungen“ als „Sammel-Strafanzeige“ an die Kölner Staatsanwaltschaft, die für den Anwalt als Adress-Ermittlungs-Service tätig wird. Mit hohem Personalaufwand werden so mit Hilfe des Staatsschutzes die Namen und Anschriften auf Staatskosten ermittelt. Seinen Briefkopf hat Brockmeier inzwischen um den Spruch: „Hass im Netz beenden“ ergänzt.

Falscher Streitwert und Unzuständigkeit

Brockmeiers Abmahnschreiben sind dabei grundsätzlich immer gleich aufgebaut und neben einem Schmerzensgeld macht Strack-Zimmermann auch noch einen Unterlassungsanspruch geltend. Nachdem ich dem Kollegen mitgeteilt hatte, dass der Streitwert für diese Unterlassungen wohl kaum mit 1.000 Euro zu beziffern ist, hat er im letzten von mir bearbeiteten Fall, den Streitwert nun tatsächlich auf 5.000 Euro hochgesetzt und damit konkludent zugestanden, dass der bisherige Streitwert zu niedrig angesetzt war. Dies hat zur Folge, dass das Amtsgericht in Rheine für diese Klagen in Zukunft nicht mehr zuständig ist, sondern das Landgericht in Münster.

Warum ist das so wichtig? Anhand des Streitwerts werden auch die Gerichtskosten bemessen, und wer absichtlich einen zu geringen Streitwert angibt, der kann sich auch wegen Betrugs zu Lasten der Staatskasse strafbar machen, da dem Staat dann Gerichtskosten durch die Lappen gehen – so befand jedenfalls das Oberlandesgericht Düsseldorf 10. Mai 2011, 2 W 15/11, Abruf-Nr. 113724.

Mit der Streitwertbestimmung bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten hat sich auch der Bundesgerichtshof (BGH) ausführlich befasst, mit der Entscheidung vom 17. November 2015. Dabei hat der BGH festgestellt, dass bei völlig fehlenden Ansatzpunkten auf den Rückfallwert von 5.000 Euro in Paragraf 23, Absatz 3, Satz 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) zu rekurrieren ist (Beschluss vom 17. November 2015 – II ZB 8/14). Da es sich bei der Klägerin aber um eine Person des öffentlichen Lebens handelt, wäre hier ein noch höherer Streitwert und zwar von 10.000 Euro allein für die Unterlassung anzusetzen, was ebenfalls zur sachlichen Unzuständigkeit des Amtsgerichts in Rheine führt.

Das habe ich auch dem Landgericht in Münster im Rahmen der Berufung gegen ein „Rheine-Urteil“ mitgeteilt. Aber neben der fehlenden sachlichen Zuständigkeit, dürften die Urteile aus Rheine auch inhaltlich einer rechtlichen Überprüfung nicht standhalten.

Fehlurteile aus Rheine

Grund hierfür ist, dass ein Schmerzensgeld bei Beleidigungen nur ausnahmsweise zugestanden wird, nämlich dann, wenn die angebliche Persönlichkeitsverletzung nicht „auf andere Weise“ ausgeglichen werden kann. Dieses Kriterium ist eine erhebliche Einschränkung. So wird eben kein Schmerzensgeld mehr gezahlt, wenn der Täter bereits strafrechtliche Sanktionen erleidet. Da die Staatsanwaltschaft ebenfalls gegen die Täter vorgeht und es oft noch gar nicht feststeht, ob „die Täter“ nicht auch wegen Beleidigung verurteilt werden, ist es eben kaum sachgerecht, dass zusätzlich noch ein Schmerzensgeld zugestanden wird, wenn eine Kompensation des Schadens (Beleidigung) bereits durch das Strafgericht erfolgte. Dies ergibt sich auch aus der Idee, dass eine Bestrafung nach dem Strafgesetzbuch (StGB) auch immer eine Sühnefunktion erfüllt.

Die Täter werden aber doppelt bestraft, einerseits durch das Strafgericht, anderseits durch die Zahlung eines Schmerzensgeldes an Strack-Zimmermann. Hinzu kommt, dass die Aussagen der Täter oft gar keine Beleidigung darstellen. Die erforderliche Abwägung zwischen Meinungsfreiheit auf der einen Seite und der Ehrverletzung auf der anderen Seite, wurde vom Amtsgericht in Rheine gar nicht durchgeführt, sondern es hat den Klageantrag schlicht bestätigt. Im aktuellen Berufungsfall geht es um die Aussage meines Mandanten, Strack-Zimmermann sei eine „Lobbypuppe der Tötungsindustrie“. Diese Aussage ist zwar „deftig“, dürfte aber unter die Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Grundgesetz (GG) fallen.

Sind die Klagen sogar rechtsmissbräuchlich?

Ein Rechtsmissbrauch wird dadurch indiziert, dass beim Handeln der Klägerin nicht die Durchsetzung berechtigter Ansprüche im Vordergrund steht, sondern schlicht die Generierung von Geldern. Ob sich Strack-Zimmermann durch die Aussagen – in der Regel auf der Plattform X – wirklich beleidigt fühlt, kann bezweifelt werden. Denn erstens stellt ihr Anwalt Sammelanzeigen – und so ist fraglich, ob Strack-Zimmermann überhaupt persönlich Kenntnis von den angeblichen Beleidigungen hat –, und zweitens erklärte die FDP-Politikern in Interviews, dass ihr die Bezeichnung als zum Beispiel „Kriegstreiberin“ im Grunde egal sei. So heißt es in einem Interview, das die Klägerin dem Magazin Spiegel gab: „Sarah Wagenknecht nennt Sie sogar Waffenlobbyistin.“ Darauf antwortete Strack-Zimmermann: „Das kommt aus der rechten Ecke, das wird immer getriggert, ich sei Lobbyistin … aber irgendwie ist es mir auch egal.“

Wenn jemanden die Bezeichnung als Waffenlobbyistin egal ist, wie kann man dann in seiner Ehre so gekränkt sein, dass man sogar ein Schmerzensgeld für eine Bezeichnung haben möchte. Das passt gar nicht zusammen und zeigt auf, dass es gar nicht um die gekränkte Persönlichkeit der streitlustigen FDP-Politikerin geht, sondern schlicht ums Geldverdienen. Zudem ist auch zu beachten, dass Strack-Zimmermann im politischen Meinungskampf selbst mit kräftigen Ansagen stark polarisiert und sich daher wohl kaum darüber wundern muss, wenn sie „Hater“ auf den Plan ruft.

Selbst dem Koalitionspartner SPD sind die Aussagen zu viel geworden, da Strack-Zimmermann ständig den Bundeskanzler Olaf Scholz angreift, der wie die Mehrheit der Bevölkerung gegen die Lieferung weiterer Waffen wie dem Taurus-System ist. Strack-Zimmermann trägt inzwischen sogar T-Shirts, um die Lieferung von Marschflugkörpern zu bewerben. Man kann also gespannt sein, wie das Landgericht in Münster den Fall bewertet und ob die Aussage „Lobbypuppe der Tötungsindustrie“ tatsächlich eine Beleidigung darstellt.

Published On: 04-Mrz-2024Views: 1487910 words

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